Im Kaufhaus

Für mein Gesicht scheint er nicht so viel übrig zu haben. Er schaut auf das Nachthemd und den sich darunter abzeichnenden Körper. Was ist das für ein Mensch? Warum schaut er um diese Uhrzeit mit hochgeschlagenem Kragen in eine Schaufenster mit Damennachthemden? Viele Gedanken kommen mir dazu, obwohl er schon längst wieder gegangen ist. Diese Gedanken und das Beobachten der wenigen Menschen auf der Straße vertreiben mir die Zeit, die stehen geblieben scheint. Jedenfalls kommt mir das so vor. Eine weitere Abwechslung sind die Müllwerker, die den Dreck von den Straßen kehren und die Papierkörbe leeren. Zufällig schaut einer in mein Fenster, erblickt mich und sieht mich eine ganze Weile intensiv an.

Ich spüre den prüfenden ‚ Blick auf meinem Körper und bin wieder ganz starr. ‚Geh doch weiter‘, will ich schreien, weil mir sein Blick unangenehm wird. Eine große Anspannung entsteht zwischen uns. Sein Blick lässt nicht von mir ab, und ich wäre jetzt gerne unsichtbar. Ich denke daran, wegzulaufen, aber ich habe Peter Gehorsam versprochen. Kurz bevor ich meine immer größer werdende Anspannung nicht mehr aushalten kann, wird mein Betrachter von einem Kollegen angesprochen.
Nach einem kurzen Wortwechsel schaut auch sein Kollege mich eindringlich an. Mir wird ganz heiß. Aber dann wendet sich der Kollege wieder ab, zeigt meinem Betrachter einen Vogel und geht kopfschüttelnd wieder seiner Arbeit nach. Der wirft mir daraufhin nur noch einen letzten prüfenden Blick zu und arbeitet auch weiter. Und ich beruhige mich erst mal wieder. Es sind immer noch kaum Leute unterwegs. Die meisten haben keinen Blick für das Schaufenster übrig.

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