Bis ans Meer, Teil 1
Einige Wochen weiter hatte ich sie bald ganz vergessen, die Pizzeria hatte ich seitdem nicht mehr besucht und die Arbeit fraß mich auf. Es war so der Zustand, den jeder wohl kennt, der letzte Urlaub Monate her, nichts will mehr so recht gelingen, die Arbeitskollegen, der Chef, alle nerven nur noch und man hat das Gefühl ausbrechen zu müssen…Das Maß des Erträglichen war überschritten und ich hatte die Konsequenzen gezogen.
Der nächste Urlaub immer noch sechs Wochen hin, hatte ich mich an einem Mittwoch morgen krankgemeldet, meinem Hausarzt ein Attest für den Rest der Woche abgerungen und beschlossen, es mir einige Tage gutgehen zu lassen.
In der Tasche hatte ich den Schlüssel eines Bungalows, der sich an der holländischen Küste, in der Nähe von Zandvoort, in die Dünen schmiegt. Es war der „bescheidene“ Wochenendsitz eines Arbeitskollegen, den ich nicht unbedingt gut leiden konnte, der aber, warum auch immer, einen Narren an mir gefressen hatte. Er hatte mir angeboten den Bungalow mal nutzen zu können und da er ein halbes Jahr beruflich in den USA weilte, hatte er mir auch direkt den Schlüssel vermacht.
Warum dann dem geschenkten Gaul ins Maul schauen? Dieser strahlende Tag, es war mittlerweile Ende Juni und wirklich warm, war wie dazu bestimmt „unterzutauchen“. Mein Golf Cabriolet war für die 4 Stunden Fahrt gerüstet, 500 Piepen hatte ich abgehoben, was für die Tage reichen sollte. Mein Freiheitsdrang war vollkommen entwickelt, ich wollte alles über Bord schmeißen was unnützer Ballast ist. Neben den alten Jeans und dem T-Shirt, die ich am Leib trug bestand meine Gaderobe nur noch aus einer Bandana, ein Tuch, das ich lässig in Piratenmanier um den Kopf gebunden hatte (vielleicht albern für einen Mittdreißiger, aber so trage ich es gerne), ein Paar ausgelatschten Turnschuhen, einer Badehose und Ersatzjeans bzw. Ersatz T-Shirt. Was noch fehlte war ein Besuch beim Supermarkt um die Ecke um ein wenig Proviant einzukaufen.
Mit seit Monaten mal wieder guter Laune pirschte ich durch die Regale, schlug hier mal zu, dann dort…was fehlte war noch eine Zahncreme…ich bog in den nächsten Gang ein und…stolperte über die nette Bedienung aus der Pizzeria, die gerade gebückt vor dem Regal stand um sich einen Artikel zu greifen. „Oh Scheiße,…ich meine Entschuldigung, ich war mit meinen Gedanken ganz woanders…“, brachte ich hervor. „Ach, wirklich kein Problem…“, wieder dieses herrliche Lächeln. „Aber sag mal, Du kommst mir bekannt vor…“. „Ja, ab und zu bin ich mal in der Pizzeria an der Ecke und Du bedienst da…“.