Die Hand

Eine Hand. Eine Hand von rechts.
Frank hatte ihr befohlen, zu dulden, also wartete sie. Sie tastet sich näher, sanft, kaum spürbar. Verweilt einen Moment lang auf der Lehne und gleitet dann weiter, unhörbar. Wie zufällig, versehentlich rutscht sie auf ihr Knie und bleibt dort liegen. Eine Hand. Behaart. Eine männliche Hand mit langen, schlanken Fingern.
Die Finger eines Fremden. Sie war von Frank zu diesem Vortrag eingeladen worden und wie fast immer, waren sie zu spät gekommen und fanden in der Dunkelheit irgendwo zwei freie Plätze.

Das einzige Licht im Saal lässt den Vortragenden oben auf der Bühne, irgendeinen Professor, Fachmann für irgendetwas, erstrahlen. Und nun die Hand. Auf ihrem Knie. Sie verharrt reglos, hält den Atem an. Die Hand klettert indessen weiter, ihren rechten Schenkel hinauf. Ihr stockt der Atem. Sie fühlt sich weich an, doch nicht schlaff, sanft und doch energiegeladen. Eine schöne Hand. Mit einem angenehmen Druck, nun fest auf ihrem Schenkel.
Eine Hand, die ihre geheimsten Gedanken und Wünsche kennen muss, denn wie von ihr selbst gesteuert, so sicher um ihre Regungen wissend, tastet sie sich weiter. Beifall. Für den Professor. Die fremde Hand bleibt liegen. Ihre eigenen Hände haben sich in den Sitzbezug gekrallt. Ihr Beifall bleibt aus. Sie ringt um Luft.

Diese alles wissenden Finger- haben sie all dies Wissen von Frank? – ist zu ihrem Knie hinuntergeglitten und hat ihr kurzes Kleid in einer gekonnten Bewegung nach oben geschoben. Die langen Finger schieben sich unter ihren Tanga. Verschwommen erkennt sie das Gesicht des Professors auf der Bühne. Seine emphatischen Äußerungen unterstreicht er mit wilden Gebärden. Seine Stimme erreicht sie wie aus weiter, weiter Ferne. Sie schließt die Augen.
Ich sollte sie entrüstet zurückstoßen, diesen Fremden, denkt sie für einen kurzen Moment. Wo blieb ihre Moral, ihr Anstand ? – Doch da war der Befehl von Frank. Dann gibt sie auf, ergibt sich dieser fremden Hand, unterwirft sich ihrem Willen. Längst ist sie in einen Zustand geraten, in dem die Gesetze der Moral und Etikette keine Rolle mehr spielen, jede Vernunft erloschen ist. Sie ist nur noch Gefühl. Besteht nur noch aus Trieben und Lüsten, die ausgelöst sind durch diese fremden, göttlichen Finger.

Langsam, fast zu langsam bahnt sie sich, über ihren Haarpelz schleichend, den Weg in ihre warm-feuchte Spalte. Dort bleibt sie liegen, sanften Druck ausübend auf das Knötchen, in dem ihre Leidenschaften und Lüste sich sammeln. Mach weiter, möchte sie betteln. Doch die Glieder des Fremden ruhen unbeirrt mit gleichbleibender Sanftheit.
Sie bewegt sich, kaum noch ihrer Sinne mächtig, wie automatisch in ihrem harten Sitz. Sie presst ihre Scham dieser Hand entgegen, reibt sich an ihr, auf und ab. Ihr ist es gleich, ob Scharniere quietschen und die Lehne knarrt. Sie kennt nur noch Lust, diese ungestillte Gier nach Erfüllung und Erlösung. Da, endlich, beginnt diese Hand zu kreisen.

Ihr Druck wird härter, dann wieder weicher – ganz hart, unendlich weich…..O diese Hand! Sie raubt ihr die Besinnung und auch noch die letzte Beherrschung. Sie will jammern, treten, stöhnen, schreien:
„Schneller!“ – „Noch nicht!“ – „Jetzt!!!“ Dann zucken ihre Glieder, der ganze Körper wirft sich in dem harten Sitz hin und her, Ströme ergießen sich in ihr, grelle Lichter blitzen vor ihren Augen auf. Benommen öffnet sie die Augen.

Die Saalbeleuchtung ist angeschaltet. Ein Raunen in der Menge. Panisch blickt sie an sich herunter – doch ihr Rocksaum liegt sittsam knapp über dem Knie. Beifall erhebt sich. Ach so, der Vortrag ist zu Ende. Die Hand, wem gehört diese Hand? Langsam, mit klopfendem Herzen, dreht sie ihren Kopf nach rechts….
Der Sitz neben ihr ist leer. Frank fordert sie, konzentriert und immer noch Beifall klatschend, zum Gehen auf.

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