Die Hand

Eine Hand. Eine Hand von rechts.
Frank hatte ihr befohlen, zu dulden, also wartete sie. Sie tastet sich näher, sanft, kaum spürbar. Verweilt einen Moment lang auf der Lehne und gleitet dann weiter, unhörbar. Wie zufällig, versehentlich rutscht sie auf ihr Knie und bleibt dort liegen. Eine Hand. Behaart. Eine männliche Hand mit langen, schlanken Fingern.
Die Finger eines Fremden. Sie war von Frank zu diesem Vortrag eingeladen worden und wie fast immer, waren sie zu spät gekommen und fanden in der Dunkelheit irgendwo zwei freie Plätze.

Das einzige Licht im Saal lässt den Vortragenden oben auf der Bühne, irgendeinen Professor, Fachmann für irgendetwas, erstrahlen. Und nun die Hand. Auf ihrem Knie. Sie verharrt reglos, hält den Atem an. Die Hand klettert indessen weiter, ihren rechten Schenkel hinauf. Ihr stockt der Atem. Sie fühlt sich weich an, doch nicht schlaff, sanft und doch energiegeladen. Eine schöne Hand. Mit einem angenehmen Druck, nun fest auf ihrem Schenkel.
Eine Hand, die ihre geheimsten Gedanken und Wünsche kennen muss, denn wie von ihr selbst gesteuert, so sicher um ihre Regungen wissend, tastet sie sich weiter. Beifall. Für den Professor. Die fremde Hand bleibt liegen. Ihre eigenen Hände haben sich in den Sitzbezug gekrallt. Ihr Beifall bleibt aus. Sie ringt um Luft.

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